Bouldern in Fontainebleau

Nur wenige Kilometer südlich von Paris be­fin­det sich eines der be­lieb­tes­ten Boul­der­ge­bie­te Eu­ro­pas. Im wun­der­schö­nen “Parc naturel régional du Gâtinais français” in der Nähe von Fontainebleau findet man Tausende von Bouldern in allen Schwie­rig­keits­graden von 1a bis 8c. Die Felsen sind aus Sandstein und ihre Be­schaf­fen­heit variiert je nach den einzelnen Bouldergebieten.

Dieser Artikel ist wie folgt aufgebaut:

Ausführliches Inhaltsverzeichnis
  1. Anreise & Übernachtung
  2. In diesem Kapitel findest Du einige Informationen darüber, wie Du am besten nach Fontainebleau kommst und welche Möglichkeiten Du hast, wenn es um die Übernachtung geht. Außerdem wird auf die beste Jahreszeit für einen Besuch eingegangen.

  3. Geschichte von Fontainebleau: Die Ursprünge der Parkours
  4. In diesem Kapitel erfährst Du mehr über die Geschichte dieser Region und wie die mittlerweile weltbekannten Parkours entstanden sind.

  5. Die einzigartige Geologie des Pariser Beckens und die daraus resultierende Vielfalt der Gesteine
  6. Das Pariser Becken und die darin liegende Region Fontainebleau haben eine ganz besondere Entstehungsgeschichte. In diesem Kapitel findest Du interessante Informationen über die Geologie der Sandsteinfelsen und über die Vielfalt des Boulderns.

  7. Eindrücke über das Bouldern
  8. Hier findest Du einige Eindrücke über meine eigene Bouldererfahrung in Fointainebleau.

  9. Literatur
  10. Hier findest du die in diesem Artikel verwendete Literatur.

Viel Spaß beim Lesen; Ich freue mich auf deine Kommentare!

Anreise & Übernachtung

Da der Wald bei Fontainebleau nur 60 km südlich von Paris liegt, ist er mit jedem beliebigen Verkehrsmittel leicht zu erreichen. Am logischsten ist es, mit dem Auto anzureisen, um ein paar Crashpads mitnehmen zu können. Alternativ kannst Du natürlich auch mit dem Flugzeug oder dem Zug anreisen und vor Ort ein oder mehrere Crashpads mieten. Viele Regionen sind auch zu Fuß erreichbar, je nachdem, wo Du übernachtest. Mit dem Fahrrad ist es außerdem noch einfacher, nah gelegene Bouldergebiete zu erreichen.

Neben einer Vielzahl von Ü­ber­nach­tungs­mög­lich­kei­ten in Paris oder Ferienhäusern in & bei Fontainebleau gibt es auch einige Campingplätze mitten in der Boulderregion. Einige der bekanntesten Beispiele sind die Campingplätze Les Pres, La Musardiére, Ile de Boulancourt & Belle Etoile. Informiere Dich auf deren Webseiten über die Öffnungszeiten und die Reservierung.

Wir haben uns entschieden, mit dem Auto zu fahren und auf dem Campingplatz La Musardiére zu campen, da wir vor allem die Region Gorge aux Chats (Cote) erkunden wollten. Dies ist ein sehr schöner Campingplatz mit einem Pool im Sommer und frischen Baguettes am Morgen von 8 bis 9 Uhr (außer montags und dienstags). Man kann einfach in der Nähe des Eingangs parken und an der Rezeption einchecken. Hier bekommt man eine Karte, mit der man mit dem Auto auf den Platz fahren kann. Die Preise sind angemessen: Du zahlst etwa 7 € pro Person für eine Nacht, plus die Kosten für das Zelt/den Van. Vergiss Dein eigenes Toilettenpapier nicht!

Bild 1: Warten auf frische Baguettes am Morgen.
Wann ein Besuch sich lohnt

Der Zeitpunkt Deines Besuchs hängt stark von Deiner bevorzugten Klettertemperatur ab. Die angenehmsten Jahreszeiten sind der Frühling oder der Herbst. Wenn Du aber das Maximum aus Dir herausholen willst, könnte eine Reise im Winter von Vorteil sein, da die Haftung zwischen Fingern und Felsen bei kalten Bedingungen höher ist. Letztlich und vor allem braucht es trockene Bedingungen. Aber auch nach einer Regenperiode kann eine ordentliche Portion Wind die besten Bedingungen schaffen, die Du je hattest. Denk daran, dass das Wetter im Wald lokal variieren kann, informiere Dich also über die Wettervorhersage für mehrere Regionen. Viel Spaß!

Geschichte von Fontainebleau: Die Ursprünge der Parkours

In Fontainebleau gibt es zahlreiche Bouldergebiete, die in einem Wald voller Buchen, Birken, Kiefern, Kastanien und Eichen verstreut sind.1 Gebiete wie Bas Cuvier, Cuvier Rempart, 95.2, Cul de Chien und viele mehr sind auf mehreren Webseiten und in verschiedenen Kletterführern beschrieben.​1,2​

Der Wald von Fontainebleau diente viele Jahrhunderte lang als Jagdgebiet. Zunächst in der Steinzeit, wie es die Petroglyphen belegen, und seit dem 13. Jahrhundert ausschließlich für französische Königsfamilien. Nach der Französischen Revolution im Jahr 1789 gelangte der Wald in öffentliche Hand. Einige Jahrzehnte später begann die Kartierung des Waldes, was zu farblich gekennzeichneten Wanderwegen durch den Wald führte. Es dauerte nicht lange, bis Alpinkletterer ab 1908 begannen, diese Felsen als Übungsgelände zu nutzen und das heute mittlerweile weltbekannte Parkours etablierten. Im Laufe der Jahre wurde das Klettern immer technischer und schwieriger. Vom ersten Boulder des 5. Grades (La Fissure des Alpinistes von Pierre Allain im Jahr 1934) bis zum ersten 8a-Boulder (C’Était Demain von Jacky Godoffe im Jahr 1984) in der Region vergingen 50 Jahre.1 Seitdem wurden mehrere 8b und 8c Boulder etabliert.

Parkours

Der Schwierigkeitsgrad der Boulder in Parcours reicht von 1a (leicht) bis 8a (hart wie 3 Tage altes Baguette). Dieser ist mit den Farben gelb/orange, blau, rot und schwarz gekennzeichnet, wobei jeder Farbsprung zunehmend schwieriger wird. Vor allem Anfängern helfen diese Parcours, indem sie Boulder mit ähnlichem Schwierigkeitsgrad zusammenfassen. Ein Parcour besteht aus 20 bis 40 einzelnen Bouldern, die mit der gleichen Farbe und fortlaufenden Nummern markiert sind, wie in Abbildung 1 (links) schematisch dargestellt. Auf diese Weise bekommt das Bouldern einen zusätzlichen Ausdauercharakter und bietet ein perfektes Training für Alpinkletterer.

Abbildung 1: Links: Schematische Darstellung einer kleinen Region mit 24 Steinen und zwei (blau und orange) Parkours. Rechts: Typische Bemalung auf einem Felsen für eine orangefarbene 6.

Parkours sind mit aufgemalten, farbigen, daumengroßen Zahlen markiert, wie in Abbildung 1 (rechts) dargestellt. Diese Markierungen sind auch sehr nützlich, wenn man sich im Labyrinth der Felsbrocken zurechtfinden möchte. Die Farbe hält etwa 5-10 Jahre, bevor sie sich abnutzt, so dass die Parkours sich während des Übermalens ein wenig verändern können. Wunder Dich also nicht, wenn es kleine Unterschiede zwischen Deinem Kletterführer und den Markierungen auf den Steinen gibt.

Bild 2: In Parkours & in 7a’s: Die Kniestütze (Knee-bar) ist Dein bester Freund.

Die einzigartige Geologie des Pariser Beckens und die daraus resultierende Vielfalt der Gesteine

Die Felsen in der Nähe von Fontainebleau sind Teil des Pariser Beckens, dessen Ursprung noch nicht vollständig geklärt ist. Es gibt viele Theorien über die genaue Entstehung dieser Gesteine. Die meisten gehen davon aus, dass das Meer in den letzten 25 Millionen Jahren (inklusive während des Rupelzeitalters) periodisch in diese Region zurückgekehrt ist: Auf diese Weise könnten mehrere Schichten aus Kalkstein und Sand entstanden sein, die ein Kalkstein-Sandstein-Kalkstein „Sandwich“ bildeten.3

Teile der mittleren Sandschicht verkieselten (während des Miozäns) vermutlich aufgrund eines sukzessive sinkenden Grundwasserspiegels. Dies führte zu einer sehr seltenen, heterogenen Verteilung von flach liegenden und fest zementierten Sandsteinen innerhalb lockerer weißer Sande.4 Das Besondere an dieser Schichtstruktur in Fontainebleau ist der Kontrast zwischen den fest zementierten Linsenstrukturen und den lockeren, durchlässigen Teilen des Sandes.5

Durch eine spätere Reaktion während der Alpenbildung begann das gesamte Schichtgefüge auseinanderzufallen. Es kam zu einer Faltung und damit zu einer Frakturierung der Quarzite und des gesamten Sedimentgesteins in verschiedene Richtungen.3 Es gibt einige Hinweise auf ein mögliches zweites Verkieselungsereignis (in den letzten 30.000 Jahren).6

All dies führte zu Sandsteinblöcken mit extrem abwechslungsreichen Quarzstrukturen, die das Bouldern in Fontainebleau so variabel machen. Weitere Einzelheiten zu den tektonisch-sedimentären Bewegungen und der Gesteinsbildung in dieser Region findest Du an anderen, in der Literatur angegebenen, Stellen.7,8

Vielfalt des Boulderns

Das Spannende an dieser Vielfalt unterschiedlicher Strukturen ist die daraus resultierende Variabilität beim Bouldern selbst. Sogar innerhalb eines Parcours – und damit innerhalb einer Region – sind unterschiedliche Kletterfähigkeiten erforderlich. Ich persönlich habe sowohl die Sloper als auch die rasierklingenscharfen Leisten (Links in Bild 3) sehr genossen. Auch wenn letztere langsam aber sicher meine Schuhe zerstört haben. Der Vorteil ist offensichtlich: Wenn einem ein Boulder nicht gefällt, geht man einfach zum nächsten, der wahrscheinlich eine ganz andere Bandbreite an Fähigkeiten erfordert. Viel Spaß!

Bild 3: In Bleau hält man sich oft an nichts fest, während man auf nichts steht.

Bemerkung: Der Sandstein in Fontainebleau ist oft bereits ziemlich poliert. Verantwortlich hierfür ist teilweise der Sand an den Kletterschuhen selbst. Du solltest daher den gesamten Sand von Deinen Schuhen entfernen, bevor Du loslegst. Aus zwei Gründen: Auf diese Weise erhältst Du eine bessere Reibung auf dem Fels, außerdem werden Griffe & Tritte dadurch auch nicht zusätzlich poliert.

Eindrücke über das Bouldern in Fontainebleau

Es war großartig, nach meiner Knieverletzung in Fontainebleau eine Woche lang mehrere Boulder-Sessions zu haben. Unten findest Du ein Video über meine Progression der Schwierigkeitsgrade von 4a bis 7a. Für die 4. Skala ist nicht viel Fingerkraft nötig, in der 5. Skala wird das Halten von Slopern oder kleinen Leisten jedoch unumgänglich. Die 6. Schwierigkeitsskala erfordert noch stärkere Finger und oft auch viel mehr Kraft. Technik ist immer von Vorteil, vor allem in höheren Klassen. Die 7a, die im Video unten gezeigt wird, erfordert ebenfalls eine enorme Ausdauer. Schaut euch das Video an, wenn ihr ein paar abgefahrene Boulder sehen wollt! Viel Spaß!

Video 1: Bouldern in Fontainebleau: Schwierigkeitsgrad von 4a bis 7a.

Literatur

  1. Watson J, Lambton C. Essential Fontainebleau. 2nd ed. Stone Country Press LTD; 2014. Link
  2. Hirschmann B. Bouldern in Fontainebleau – Geschichte, Tipps und Infos. Bergzeit.de. Published 2019. Accessed 2022. Link
  3. Missenard Y, Parizot O, Barbarand J. Age of the Fontainebleau sandstones: a tectonic point of view. Bull Soc géol Fr. Published online 2017:28. doi:10.1051/bsgf/2017194
  4. Thiry M. Siliceous karst development in the Fontainebleau Sandstone (France). Nature Conservation. 2007;63:77-83.
  5. Thiry M, Marechal B. Development of Tightly Cemented Sandstone Lenses in Uncemented Sand: Example of the Fontainebleau Sand (Oligocene) in the Paris Basin. Journal of Sedimentary Research. Published online May 1, 2001:473-483. doi:10.1306/2dc40956-0e47-11d7-8643000102c1865d
  6. THIRY M, AYRAULT MB, GRISONI JC. Ground-water silicification and leaching in sands: Example of the Fontainebleau Sand (Oligocene) in the Paris Basin. Geological Society of America Bulletin. Published online August 1988:1283-1290. doi:10.1130/0016-7606(1988)100<1283:gwsali>2.3.co;2
  7. Beccaletto L, Hanot F, Serrano O, Marc S. Overview of the subsurface structural pattern of the Paris Basin (France): Insights from the reprocessing and interpretation of regional seismic lines. Marine and Petroleum Geology. Published online April 2011:861-879. doi:10.1016/j.marpetgeo.2010.11.006
  8. Steinthorsdottir M, Coxall HK, de Boer AM, et al. The Miocene: The Future of the Past. Paleoceanogr Paleoclimatol. Published online April 2021. doi:10.1029/2020pa004037

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